Nichts beherrscht den Diskurs in der deutschen Politik und Gesellschaft derzeit mehr als der Themenkomplex Flucht und Asyl, Integration und Teilhabe, Rassismus und Rechtspopulismus. Auch unsere interaktiven Formate zu diesen Fragen sind in den letzten Monaten sehr stark nachgefragt. Dazu gehören: Planspiele zur europäischen Asyl-Gesetzgebung (zuletzt online durchgeführt an Schulen in Deutschland und Belgien), ein- oder mehrtägige interaktive Tagungen für interessierte Bürgerinnen und Bürger zu Fragen der Integration von Geflüchteten, Schulungen für Mitarbeitende in Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete, Szenarioworkshops für Expert/innen zur Zukunft der deutschen Einwanderungsgesellschaft, eine Flucht-Simulation mit Stationen wie Schlepper-Deal, Kontrolle an der EU-Außengrenze und der Begegnung mit BAMF-Entscheidern.
Ab Juni richten wir nun den eigenständigen Themenbereich „Flucht und Integration“ ein. Sandra Holtermann und Christopher Haarbeck werden dann das Tagesgeschäft betreuen, interessierte Partner/innen beraten und die strategische Ausrichtung in diesem Bereich gemeinsam voranbringen.
Als Bayer HealthCare uns im Herbst letzten Jahres mit einer Planspielentwicklung zum Thema Hämophilie beauftragte, begaben wir uns thematisch auf (medizinisches) Neuland. Das Spiel bildet ab, wie in der Medikamentenentwicklung konkurrierende Produktideen bewertet werden und warum sich bestimmte Produkte durchsetzen können. Die intensive inhaltliche Zusammenarbeit mit dem Bayer-Team und mehrere Korrekturschleifen zahlten sich aus: Inzwischen wurde das englischsprachige „How to Develop Novel Therapies ‐ New Ways for Hemophilia“ u.a. in Boston, Moskau, Buenos Aires und Bogota gespielt und hat sich so zu unserem internationalsten Planspiel gemausert. Derzeit werden die Materialien ins Spanische übersetzt, um so weitere Einsätze in Südamerika zu ermöglichen.
Der Erfolg unseres Spieles freut uns natürlich sehr. Umso mehr, als dass Bayer HealthCare Anfang Mai eine weitere Simulation bei uns in Auftrag gab. Diese Mal geht es um Präparate gegen Krebs. Wiederum gehen vier Produktkonzepte ins Rennen. Aufgabe der Teilnehmenden wird es sein, die Vor- und Nachteile der einzelnen Ideen zu gewichten und dementsprechend ihr Budget zu verteilen. Der erste Einsatz des Planspiels wird in der zweiten Jahreshälfte 2016 am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg stattfinden.
Zum ersten Mal in der noch jungen Geschichte unserer digitalen Planspiel-Plattform haben Schülerinnen und Schüler in zwei europäischen Ländern online miteinander gespielt. Angestoßen und finanziert vom EIZ Niedersachsen verhandelten dabei insgesamt 35 Schülerinnen und Schüler aus den Oberstufen des Gymnasiums Josephinum Hildesheim und der Internationalen Deutschen Schule Brüssel drei Wochen lang die europäische Asyl-Gesetzgebung. Die Premiere ist gelungen, denn die Kids haben nicht nur intensiv mitgespielt, ihre Deals durchgezogen und so auf spielerische Art die europäische Gesetzgebung kennengelernt, sondern ebenso viel grenzüberschreitenden Spaß miteinander gehabt. So wundert es nicht, dass Lehrkräfte und Teilnehmende schon nach einer Neuauflage gefragt haben. Wenn es dazu kommen sollte, werden wir noch ein wenig an der Koordination einer solch internationalen Durchführung feilen, damit auch auf dieser Ebene alle Beteiligten immer informiert sind.
In gesellschaftlich stürmischen Zeiten haben antidemokratische Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Um junge Menschen ab 15 Jahren auf die damit einhergehenden Gefahren aufmerksam zu machen, beauftragte uns die Amadeu Antonio Stiftung im Herbst 2015 mit einer Planspielentwicklung der etwas anderen Art.
Im fiktiven Szenario wirft das ungewöhnlich häufige Aufkommen von sogenannten Erdlöchern Rätsel auf. Handelt es sich um eine Naturkatastrophe? Wird die Menschheit angegriffen? Oder war es doch nur ein Zufall? Das Spiel lässt die Teilnehmenden unterschiedliche Erklärungsansätze entwickeln und verteidigen. Dadurch lernen sie Mechanismen und Funktionen von Parawissenschaften kennen. In der Auswertung erarbeiten sie dann gemeinsam Strategien für den richtigen Umgang mit Verschwörungserzählungen und potentiellen Anhänger/innen im Freundes- und Familienkreis.
Die Darstellung dieser stark psychologisch beeinflussten Prozesse im Rahmen eines Planspiels war wie zu erwarten anspruchsvoll und verlangte nach mehr Brainstorming-Sessions als üblich. Doch die Ausdauer hat sich gelohnt. Das vielleicht verrückteste Spiel, das wir je geschrieben haben, hat den ersten Test an der KGS Halle (Saale) mit Bravour bestanden. Spätestens Ende Juni sind die Materialien fertig überarbeitet und können der Amadeu Antonio Stiftung übergeben werden.
Europa lebt dort, wo sich Menschen aus verschiedenen Ländern begegnen. Dabei kann es aufgrund unterschiedlicher Erfahrungswelten und Erwartungen natürlich zu interkulturellen Konflikten kommen. Mit möglichen Wegen, diese Konflikte anzugehen, befasst sich ein EU-gefördertes Projekt zu deutsch-tschechischen Jugendbegegnungen, das vom Chemnitzer Verein “Most – Die Brücke e.V.” geleitet wird. Unsere Rolle im Projekt ist die Beratung und Betreuung einer Planspielentwicklung in Kooperation mit dem Medieninstitut Chemnitz. Idee, Konzept und Szenario kamen von uns. Die Ausarbeitung übernahm das Team des Medieninstituts.
Herausgekommen ist unser erstes Planspiel zu interkulturellen Konflikten! Was vordergründig ein Planspiel zur Entwicklung von Werbemaßnahmen für eine neue Hausaufgaben-App ist, thematisiert im Kern interkulturelle Konflikte zwischen Mitarbeiter/innen zweier Firmen, die in Kommunikation und Arbeitsstil sehr weit auseinander liegen, jedoch gezwungen sind, zusammenzuarbeiten. Dabei geht es um die Frage, wie die Teilnehmenden mit den Konflikten umgehen und was sie daraus in Bezug auf Toleranz und Respekt gegenüber Andersdenkenden lernen können. Zielgruppe sind Kinder zwischen 11 und 14 Jahren aus Sachsen und Tschechien – unser bescheidener Beitrag für ein friedliches Zusammenleben über Grenzen hinweg.
Nach drei sehr erkenntnisreichen Testläufen in Chemnitz wird das Spiel nun fertiggestellt. Im Rahmen von zwei Fortbildungen werden dann Trainer/innen dazu befähigt, das Planspiel selbst durchzuführen.
Ende Juni richtet der Lehrstuhl Politikwissenschaft/Didaktik der Politik der Georg-August-Universität Göttingen im Rahmen des Jean Monnet Projekts »Planspiele zur handlungsorientierten EU-Vermittlung in der Primarstufe« die Fachtagung „Politische EU-Bildung in der Grundschule?! Ansätze und Methoden im Praxistest“ aus. Dort stellen unsere Kolleginnen Annegret Schneider, Helen Böhmler, Marlen Richter und Alexandra Ochs das von uns entwickelte PEP-Planspiel zur EU-Vermittlung in der Primarstufe vor. Darüber hinaus werden die Evaluation der Planspiele und diverse Studienergebnisse präsentiert und allgemein der Frage nachgegangen, wie politische Bildungsarbeit an Grundschulen gestaltet werden kann. Sie sind herzlich eingeladen, an der Fachtagung teilzunehmen.
Was passiert, wenn sich mehr als 700 junge Menschen im Europäischen Parlament in Straßburg versammeln, um in den 10 Ideenlaboren des European Youth Events unkonventionelle Ideen für die Zukunft Europas zu entwickeln? Nun ja, dann kommen natürlich auch einige tatsächlich unkonventionelle Ideen heraus. Auch wenn das „plastic eating animal“ oder der “extraterrestrial enemy to unite us all” wohl nicht ganz ernst gemeint waren, konnten die meisten Ideen überzeugen. Bildung und die Förderung des europaweiten Austauschs standen ganz oben auf der Agenda – sei es bei der Bekämpfung von Terror und Gewalt oder dem Ziel eines abfalllosen Wirtschaftskreislaufs. Eine gute Nachricht für uns, die wir uns ja tagtäglich mit Bildung und Austausch befassen. Es gibt also auch weiterhin genug zu tun.
Für uns waren die Tage in Straßburg auch so etwas wie ein kleiner Betriebsausflug, denn unser Team bestand aus 12 festen und freien Mitarbeiter/innen. Nur das Software-Team war in Berlin geblieben, stand aber ununterbrochen mit uns in Straßburg in Kontakt. Schließlich wurde bei den Ideenlaboren die neueste Version unserer ConferenceApp-Software eingesetzt – und die übertraf all unsere Erwartungen. Nun haben wir eine Software, mit der Ideen und Stimmungsbilder auf Veranstaltungen erfasst und live bewertet und abgestimmt werden können. Nach Monaten der Vorbereitung und den zwei Veranstaltungstagen können wir also vermelden – EYE 2016 war eine runde Sache.