“Forget about the West – after Trump’s election more than ever” – mit dieser Aussage begann ein indonesischer Experte seinen Vortrag zu den wirtschaftlichen Perspektiven für den Großraum Südostasien. Dies war eine der unzähligen Erkenntnisse unseres ersten Trips nach Malaysia und Indonesien. Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung hatten wir ein Planspiel zu den TPP-Verhandlungen entwickelt und dieses in zwei sehr spannenden Workshops in Kuala Lumpur und Jakarta durchgeführt – dass wenige Tage zuvor Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde und das TPP Abkommen prompt für “tot” erklärte, tat der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil, für alle Teilnehmenden war es die erste Planspiel-Erfahrung und ihre Begeisterung und das Engagement entsprechend groß. Schon bei unserem Einstiegs-Klassiker “Kennenlern-Bingo” wussten wir, ‘das wird ein Selbstläufer’, so enthusiastisch wurde diese kleine Übung durchgeführt.
Davon ab war es sehr interessant, die beiden Reiseziele zu vergleichen: Während Kuala Lumpur wie eine ausgesprochen funktionale und aufgeräumte Stadt wirkt, ist Jakarta das gelebte urbane Chaos. Überall Stau. Dass es bei 30 Millionen Menschen im Großraum Jakarta nicht mal eine U-Bahn gibt, sagt eigentlich schon alles. “Man lernt hier, geduldig zu sein”, meinte der Kollege von der FES lapidar, nachdem wir mit dem Auto für 1 km ca. 1 Stunde gebraucht hatten.
Auch in diesem Wintersemester hat planpolitik einen Lehrauftrag an der Europa-Universität Viadrina. Im Oktober schon begann das Seminar mit dem fiktiven Planspiel Frieden für Fontanien, das den Syrienkrieg nachvollzieht: Terror-Gruppen, Milizen und eine autokratische Regierung gefährden den Frieden in einer ganzen Region. Die Nachbarstaaten wirken auf die Konfliktparteien ein und die EU-Staaten müssen sich auf eine gemeinsame Haltung einigen.
Im Spiel (wie in der Realität) scheiterten alle Bemühungen um ein Waffenstillstandsabkommen. Gerade dadurch wurde den Studierenden des “Master of European Studies” klar, wie langwierig und kompliziert die Verhandlungen auf europäischer und internationaler Ebene sind. Das Actors Mapping im Anschluss an das Planspiel beleuchtete Hintergründe und Ursachen des Krieges. Die Fortsetzung folgt im Dezember, dann werden Anti-Terrormaßnahmen und innen- und sicherheitspolitischen Konsequenzen in der EU im Fokus stehen.
Natürlich ist die Elternzeit alles andere als Urlaub. Das weiß unser ältester Mitarbeiter Christopher Haarbeck bereits aus eigener Erfahrung. Aber natürlich nutzt er auch beim zweiten Kind die Möglichkeit, für ein paar Monate aus dem Beruf auszusteigen und seinen zweiten Sohn in den ersten Lebensmonaten rund um die Uhr begleiten zu können. Wir wünschen ihm eine gute Zeit mit wenig Geschrei und ständig strahlenden Kinderaugen und natürlich auch ein paar Stunden jeden Tag für sich selbst.
Christophers Abwesenheit bedeutet für den Rest des planpolitik-Teams für die kommenden Monate entsprechend ein wenig Umorganisation. Alexander Kuschel und Sandra Holtermann haben dabei seine Aufgaben wie die Vorbereitung unserer Kirchentag-Planspiele 2017 oder die Betreuung unseres deutsch-tschechischen Jugendprojekts übernommen und Klaus Schneider wird seinen Job als Kaffemaschinenwart gewissenhaft erfüllen.
Brücken bauen kann man entweder mit symbolischen Taten und ausgefeilten Reden. Oder aber mit Spielen, denn gespielt wird egal auf welcher Sprache. Brücken gebaut wurden beim Projekt Global Playgrounds viele: Da die Deutsch-Türkische Jugendbrücke Auftraggeberin war, ging es einerseits um den Jugendaustausch zwischen je 12 türkischen und deutschen Jugendlichen. Andererseits wollten wir Spiele entwickeln, die noch zu einer anderen Gruppe Brücken bauen, nämlich zu jugendlichen Geflüchteten. Unsere Spiele-Entwickler der Bilgi-Universität Istanbul klärten grundsätzliche Fragen – was kommt zuerst, das Spiel oder das Spielen? – und trieben alle durch einen Spielemarathon. Dann ging’s mit vielen Ideen im Kopf und haufenweise Material an die eigentliche Entwicklung. Herausgekommen sind sechs Spiele-Prototypen, die bis Dezember mit dem nötigen Feinschliff produziert werden. Die Download-Versionen mit Anleitungen in mehreren Sprachen finden sich dann bald in unserem Download-Bereich.
Dank guter Kontakte u.a. zu der Agentur denk:lokal konnten wir die Spiele im Café THF in Deutschlands größter Notunterkunft im ehemaligen Tempelhofer Flughafen testen. Das war aufregend für die Teilnehmenden des Projekts, die Geflüchtete bisher nur aus dem Fernsehen kannten – auch hier also wieder ein Brückenbau. Nach diesem großartigen Projekt hoffen wir sehr auf eine Wiederauflage mit der Jugendbrücke im nächsten Jahr!
Nach einem deutsch-tschechischen Projekt und dem Training im Libanon (siehe Beitrag “Interessen vertreten”) war Global Playgrounds das dritte Projekt innerhalb kürzester Zeit, das zweisprachig und mit Dolmetschern lief. Eine interessanter Effekt der Konsekutiv-Übersetzung: man hat mehr Zeit zum Nachdenken, was man sagen möchte, aber viel weniger Zeit, es dann auch zu sagen…Ein gutes Training, sich auf das Wesentliche zu beschränken.