Ein nicht so gewöhnliches Projekt für uns, aber umso spannender: Wir durften ein bestehendes Spiel von Care Deutschland e.V. überarbeiten und neu konzipieren. Das Spiel ist eine Mischung aus Planspiel und Brettspiel, und es sollte nach mehreren Jahren Einsatz mit Jugendlichen grundlegend erneuert und neu gedacht werden. 

Im Mittelpunkt des Spiels stehen 5 Fabriken als Orte globalisierter Produktion, politischer Aushandlung und persönlicher Lebensrealitäten im globalen Norden und globalen Süden. Die Teilnehmenden treffen dort kollektive Entscheidungen – aus sehr unterschiedlichen Rollen heraus. Ziel ist es, in den Fabriken genug Kapital zu erwirtschaften, Lebenshaltungskosten zu decken, die eigene „Gutes-Leben-Skala“ zu verbessern und Migration möglichst zu vermeiden. 

Gleichzeitig gilt es, durch kollektive Strategien resilienter zu werden – und zu erkennen, welche Faktoren über diese Möglichkeiten entscheiden. Wie sollen Produkte hergestellt werden? Welche Auswirkungen haben die Entscheidungen auf Einkommen, Lebenshaltungskosten oder ökologische Nachhaltigkeit? Und wie viel Spielraum bleibt, wenn eine nachhaltige Produktionsweise zwar wünschenswert, wirtschaftlich aber kaum tragfähig ist – insbesondere im Globalen Süden? In den „Wie-geht’s mir“ Aufstellungen teilen die Teilnehmenden ihre Erfahrungen und merken, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen auch auf Andere haben – denn alles ist auch persönlich.

Das Planspiel selbst macht globalen Machtverhältnisse sichtbar, die sich aus kapitalistischen und kolonialen Strukturen ergeben. Migration erscheint dabei nicht als freie Wahl, sondern als erzwungene Bewegung im Angesicht klimatischer und ökonomischer Belastungen. Flucht wird nicht in ihrer gesamten Komplexität behandelt – aber die Ursachen, insbesondere klimabedingte, werden erfahrbar. Strukturelle und individuelle Handlungsmöglichkeiten und Ursachen werden thematisiert. 

Inspiration liefern Aktivismus-Karten, auf denen reale Klimaaktivist*innen aus aller Welt vorgestellt werden. Sie bringen globale Perspektiven ins Spiel und machen sichtbar, wie vielfältig die Kämpfe um Klimagerechtigkeit sind. Gleichzeitig wird im Spiel ein zentrales Dilemma spürbar: Nachhaltig zu handeln und zugleich den eigenen Lebensunterhalt zu sichern, ist für viele Menschen alles andere als selbstverständlich.

Im zweiten Teil folgt eine Kompass-Übung inspiriert aus der systemischen Supervision, die die Teilnehmenden dabei unterstützt, das Erlebte zu reflektieren und in konkrete eigene Handlungsfähigkeit zu übersetzen. Denn das Spiel besteht bewusst aus zwei Bausteinen: dem eigentlichen Planspiel und einer Mut- Werkstatt die Emotionen, Erkenntnisse und Potenziale in produktive Energie überführt.

Besonders herausfordernd aber auch spannend in der Entwicklung war für uns die Kondensation eines so großen und vielschichtigen Themas auf einzelne wenige wichtige Aspekte. Denn das gute Leben besteht aus mehr als nur Geld. Deswegen haben wir uns auf die Theorie zurückbesonnen und sowohl das Konzept des Buen Vivir – des Guten Lebens aus Ecuador als auch auf Bourdieus Kapitalarten zur Hilfe genommen und für die Teilnehmenden erfahrbar gemacht. Sie haben die Wahl: community, skills oder cash, worin möchten sie ihr Geld investieren?